Tattoo-Technik


Der Vorgang des Tätowierens besteht grundsätzlich in einem Durchstechen der Haut mit einem spitzen Gegenstand. Gleichzeitig mit dieser Hautverletzung wird ein Farbstoff in die Haut eingebracht. Die Einlagerung der Farbpartikel in die Haut erfolgt entweder durch das Eintauchen der Nadel in die Farblösung vor dem Einstich in die gespannte Haut oder durch Einreiben der Einstichstellen mit Farbe.

Die äußere Haut gliedert sich prinzipiell in drei Hautschichten: die etwa 0,04 bis 1,5 Millimeter dicke Oberhaut (Epidermis), die Lederhaut (Dermis oder Corium) und die Unterhaut (Subkutis).

Beim Tätowiervorgang wird die Oberhaut (Epidermis) geöffnet; anschließend werden Farbkörper in die darunterliegende Lederhaut (Cutis) und Unterhaut (Subcutis) eingebracht. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Stich weder zu oberflächlich noch zu tief angebracht wird. Im ersten Fall wird der eingelagerte Farbstoff lediglich in die Zelllagen der Epidermis eingebracht. Dies hat zur Folge, dass bei der fortwährenden Erneuerung dieser Hautschicht durch Zellteilung ein Herauswachsen und eine Abstoßung der Farbteilchen gleichzeitig mit den abgestorbenen Epidermiszelllagen erfolgt (Bio-Tattoos).

Im zweiten Fall, wenn also der Stich zu tief in die Haut vorgenommen wird, wird das Tattoo aufgrund der auftretenden Blutungen nicht deutlich genug sichtbar und die Farben werden ausgewaschen. Dauerhaft haltbar sind diejenigen Farbpigmente, die in der mittleren Hautschicht (Dermis) eingelagert sind. Hier werden die Farbpigmente in den Papillarkörpern der Haut dauerhaft eingekapselt.

Man unterscheidet zwei Tätowierarten: Beim "Stechen" werden die Nadeln in derselben Winkelstellung, wie sie eingestochen wurden, wieder zurückgezogen. Beim "Springen" wird der Winkel nach dem Einstich geändert und die Nadeln aus der Haut gerissen. Bei letzterem bleiben mehr Pigmente in der Haut zurück, jedoch sind Gewebeverletzungen unvermeidlich. Sogenannte Tätowier- und Stempelpressen waren noch in den 20er Jahren bekannt. Hierbei handelte es sich um Nadelbündel, welche in Bildform geordnet an einem Griff montiert waren. Die gewünschte Tätowierung wurde durch einen einmaligen Druck dieser Presse in die Haut erzeugt.

Die heute im Westen gebräuchlichste Methode ist das Arbeiten mit einer elektrischen Tätowiermaschine, die oft "Gun" genannt wird und deren Prinzip auf der Erfindung von Samuel O'Reilly beruht. Unter der Bezeichnung ‚Tattaugraph' wurde sie in New York erstmals erprobt und 1891 patentiert. In Deutschland setzte sie sich erst nach 1922 durch.

Die Arbeitsweise einer Tätowiermaschine gleicht der einer einfachen elektrischen Türklingel: Bei Stromzufuhr wird mit Hilfe zweier Spulen aus Kupferdraht ein elektromagnetisches Feld erzeugt. Dieser Elektromagnet zieht eine Metallfeder an, die rückwärtig am Maschinenrahmen befestigt ist. Auf der anderen Seite der Feder hängt die Nadelstange, die so genannte Flatt, mit einer Anzahl feiner, angelöteter Nadeln. Die Feder, die nun die Nadelstange nach unten zieht, deaktiviert den Stromkreis, sobald sie unten angelangt ist, so dass die Feder mitsamt der Nadelstange in die ursprüngliche Position zurückspringt.

Dieser Prozess wiederholt sich immer wieder, was ein schnelles Auf und Ab der Nadeln bedeutet. Die Geschwindigkeit ist abhängig von der einzelnen Tätowiermaschine, der Technik und dem gewünschtem Effekt, wie z.B. Linien oder Schattierungen; sie liegt zwischen etwa 800 bis 5000 Bewegungen pro Minute. Die Schnelligkeit ermöglicht das Zeichnen geradliniger und scharfer Konturen.

Die variable Nadelanzahl an der Stange hingegen erlaubt saubere Farbfüllungen, Verläufe und Schattierungen. Je nach Konstruktion fließt die Farbe aus einem an der Maschine befestigten Behälter in Hohlnadeln, an den Nadeln entlang, oder das Nadelbündel wird in die Farbe getaucht. Die Tinte hält sich aufgrund von Kapillarkräften zwischen den Nadeln und wird durch die Schnelligkeit der Bewegung ähnlich leicht in die Haut gebracht wie beim Zeichnen mit einem Stift auf Papier. Im Gegensatz zum Papier wird die Haut aber mit der einen Hand unter Spannung gehalten, die andere Hand bringt das Bild an. Die Tinte wird bei einer Tätowierung in die zweite Hautschicht, die Dermis, eingebracht, deren Zellen dauerhafter sind als die der Epidermis, so dass die Tattoofarbe dort ein Leben lang verbleibt. Die Tätowierungsfarbe wird dann durch die äußere Hautschicht, die Epidermis, hindurch gesehen.

Neben dieser Technik des Tätowierens existieren noch viele weitere Möglichkeiten, dauerhafte Hautzeichnungen herzustellen. Zu nennen sind beispielsweise das Einschneiden der Haut und ein Einreiben der Wunde mit Tinte, Asche oder sonstigen farbgebenden Stoffen sowie das Tätowieren mit Nadel und Faden, bei dem eine mit Faden umwickelte Nähnadel in Tinte getaucht und dann in die Haut gestochen wird. Zurück bleiben hierbei die typischen "Knasttattoos"; unter der Haut verlaufende Tintenkleckse formen die berühmten drei Punkte, Tränen, Namenszüge oder primitive Bildchen.

Es gab und gibt in der langen Geschichte der Tätowierung aber noch andere manuelle Tätowiertechniken. Bei den Völkern Polynesiens war eine Art Tätowierkamm gebräuchlich, der aus verschiedenen Pflanzenteilen oder Knochen hergestellt wurde und an einem langen Stab befestigt war. Die Spitzen des Kammes wurden durch rhythmisches Schlagen auf den Griff in die Haut getrieben, wo sie eine Tinte gemischt aus Wasser und Asche oder verbrannten Nüssen, einbrachten. Diese Kämme gab es in unterschiedlichen Breiten, immer hinterließen sie aber Linien, niemals Punkte.

Die traditionellen japanischen Tätowierungen (Irezumi) werden auch heute noch häufig manuell gefertigt, obwohl sich westliche Tätowiermaschinen auch in Japan großer Beliebtheit erfreuen. Hierzu dienen hölzerne Stecknadelstifte, genannt Hari, die, wie bei einem Pinsel, an langen Bambusgriffen befestigt sind und mit denen die Farbe in die Haut gezupft wird. Diese Technik erfordert viel Übung, erlaubt aber dem Meister, der sie beherrscht, durch Variation in der Tiefe des Stiches Tätowierungen mit großer Präzision und Kontrolle herzustellen.

Die Maoris in Neuseeland schnitten mit meißelähnlichen Holzinstrumenten Farbe in die Gesichtshaut ein. Samoaner hämmerten eine kammähnliche Hacke, die manchmal aus bearbeiteten Menschenknochen bestand. Die Eingeborenen auf Tahiti tätowierten mit spitzen Knochen oder Haifischzähnen. Die Mayas und Azteken in Mexiko benutzten frische Dornen und Kakteenstacheln. Die nordamerikanischen Indianer gravierten mit in Holzstäben gefassten Feuersteinspitzen.

Die Eskimos zogen rußige oder mit Farbe getränkte Fäden oder Sehnen unter der Haut hindurch, die narbenähnliche Markierungen hinterließen.

Die wohl bekannteste Form einer allerdings unfreiwilligen Tätowierung, die auf dem gleichen Prinzip beruht, ist die so genannte "Schmutztätowierung". Sie kann bei Explosionen oder Stürzen auf Asphalt entstehen, wobei Pigmente zufällig - als Folge des Unfalls - in die Haut eingelagert werden. Ganze Generationen von Fußballer(innen) tragen zeitlebens Aschepartikel unter der Haut ihrer Knie, die bei einem Sturz durch die Schürfwunde in die Haut gelangten.